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Leider führt die Kriegsgeschäfte-Initiative nicht zu mehr Frieden

Die Kriegsgeschäfte-Initiative

Am 29. November 2020 gelangt die Volksinitiative "Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten" (Kriegsgeschäfte-Initiative, auch "GSoA-Initiative") zur Abstimmung. Hinter dem Vorhaben stehen die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) und die Jungen Grünen.

Die Initiative möchte, dass es der Schweizer Nationalbank, den Pensionskassen, Stiftungen und der AHV sowie der IV in Zukunft nicht mehr möglich sein soll, in Kriegsmaterialproduzenten zu investieren. Kriegsmaterialproduzenten werden gemäss dieser Initiative wie folgt definiert: Mindestens 5% des Umsatzes muss mit Kriegsmaterial erwirtschaftet werden, somit gelten auch Firmen wie Airbus, Boeing und Rolls-Royce als Kriegsmaterialproduzenten, aber auch mittelgrosse Firmen und KMU, welche als Zulieferbetriebe fungieren und Einzelteile und Baugruppen herstellen, die in Rüstungsgütern verbaut werden.

Der Bundesrat soll sich zudem auf nationaler und internationaler Ebene dafür einsetzen, dass für Banken und Versicherungen entsprechende Bedingungen gelten. 

Als «Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» gelten u.a. Darlehen und Kredite sowie generelle Beteiligungen an Kriegsmaterialherstellern z.B. durch den Erwerb von Aktien oder Aktienfonds. Damit müsste auch beim Kauf eines Aktienfonds sichergestellt werden, dass keine Beteiligungen an Unternehmen enthalten sind, die mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen.

Was bei einer Annahme geschehen würde

Weltfrieden?

Zuerst stellt sich die Frage, ob die Initiative überhaupt zu mehr Frieden führen würde. Möglicherweise gar zum Weltfrieden?

Nein, leider nicht! Die Schweiz ist klein, ihr Einfluss auf weltweite Kriegshandlungen ist entsprechend ebenfalls gering. Die grössten internationalen Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin, Northrop oder Raytheon werden weiterhin existieren, auch ohne Schweizer Geld. Es mag zwar sein, dass der Schweizer Finanzplatz verhältnismässig einflussreich ist, dies hilft aber nicht im Kampf gegen den Krieg. Denn kriegerische Handlungen müssen an der Wurzel bekämpft werden, die Initiative schiesst hingegen am Ziel vorbei oder wie dies meine Parteikollegin Laura Decet korrekt zu bedenken gibt: "Die Externalitäten von Krieg werden durch diese Initiative nicht bereinigt". Die Initiative löst die Ursache des Krieges nicht. Es sind nicht die privaten Unternehmen, welche Krieg führen, sondern ausschliesslich staatliche und religiöse Akteure. Wenn man also Kriege verhindern möchte, so müssen religiöse Organisationen sauber vom Staat getrennt werden und der Staat muss vollständig demokratisiert werden, was wiederum ein gutes Bildungs- und ein freies Wirtschaftssystem erfordert. Die ersten beiden Punkte wurden noch nicht einmal in der Schweiz erreicht (wie das nach wie vor bestehende Blasphemieverbot zeigt). Wie sollen dann Staaten wie Syrien, USA oder Jemen dies erreichen? 

Ich würde es entsprechend bevorzugen, dass man sich auf die Stärkung der Diplomatie konzentrieren würde. Die Schweiz ist hier seit Jahrzehnten sehr aktiv und konnten bereits einiges erreichen. Insbesondere müssen Mittel gefunden werden, um gegen imperialistische Staaten vorgehen zu können, ohne dass ein Krieg ausbricht. 

Unabhängigkeit der Nationalbank?

Die Unabhängigkeit der Nationalbank ist in der Verfassung verankert. 

Eine Annahme dieser Initiative öffnet Tür und Tor, um weitere Einschränkungen der Nationalbank durchzuboxen. Bei instabilen Währungen verlieren am Schluss alle, bereits heute ist der Schweizerfranken schon stark unter Druck. Die Nationalbank würde so mehr und mehr zum Spielball der Politik werden. Die SNB muss sich aber weiterhin auf ihre Kernkompetenz, die Wahrung der Währungsstabilität, konzentrieren können. Nicht zu vergessen, Währungsstabilität ist ebenfalls wichtig, um den Frieden zu wahren.

Sicherheit der Schweiz?

Bei einer Annahme würde die Sicherheit der Schweiz gefährdet werden. Dies, da Schweizer Rüstungshersteller Mühe haben würden ihre Projekte zu finanzieren. Sowohl die Armee als auch die Polizei und der Grenzschutz müssten im schlimmsten Fall sämtliche Waffensysteme aus dem Ausland erwerben, da Schweizer Firmen nicht mehr rentabel arbeiten könnten. Dies führt zu einer gefährlichen Abhängigkeit vom Ausland. Die Schweiz braucht einen gewissen Selbstversorgungsgrad an Waffen, damit die Schweiz auch in Krisen ihre Souveränität aufrechterhalten kann. Die Corona-Krise hat schonungslos aufgezeigt, dass internationale Lieferketten sehr schnell unterbrochen sein können. Die Schweizer Armee ist letztlich für eine Versorgung in der Krise auch auf Schweizer Rüstungsproduzenten und insbesondere auch auf Knowhow aus dem Sicherheitsbereich angewiesen. Auf Importe kann man sich in Krisenzeiten nicht verlassen.

Unsere Wirtschaft?

Durch die Finanzierungsschwierigkeiten der betroffenen Unternehmen würde es zwangsläufig auch zu Entlassungen kommen. Gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise, die grösste seit dem 2. Weltkrieg, wäre es verantwortungslos noch weitere wirtschaftliche Schäden anzurichten.

Auswirkungen auf unsere Vorsorge?

Es ist kein Geheimnis, dass insbesondere die AHV seit Jahren sanierungsbedürftig ist. Es gibt zwar diverse Bestrebungen diese Sanierung durchzuführen, so sammeln beispielsweise die Jungfreisinnigen Unterschriften für ihre Renteninitiative.

Diese Sanierungen werden aber wirkungslos bleiben, wenn wir nun auch noch anfangen die Anlagemöglichkeiten unserer AHV-Gelder stark einzuschränken. Die Gelder der AHV werden bereits heute nach ethischen Kriterien angelegt. Weitere Einschränkungen sind schlicht und einfach schädlich und gefährden unsere Renten. 

Planungssicherheit?

Auch die 5% Regel scheint sehr willkürlich zu sein. Sogar der Schweizer Verein für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen (SVVK-ASIR) stellt sich auf den Standpunkt, dass eine Umsetzung der GSoA-Initiative sehr schwierig ist. Er hat der zuständigen Kommission des Nationalrates aufgezeigt, dass es sich bei der starren 5-Prozent-Quote um ein willkürliches und kaum überprüfbares Instrument handelt. Beispielsweise kann es passieren, dass ein Flugzeughersteller 2021 4% des Umsatzes mit Kampfflugzeugen macht. Im Jahr 2022 steigt die Nachfrage nach Kampfflugzeugen und die Firma macht nun 6% seines Umsatzes mit Kampfflugzeugen. Der Firma wird also über Nacht zu einem "Kriegsmaterialproduzenten". Solche Regeln machen jegliche Planungssicherheit zunichte und sind einem fortschrittlichen Land wie der Schweiz unwürdig. Schweizer Anleger stellt diese Quote vor grosse Herausforderungen. Sie müssten ihre Investitionen im In- und Ausland permanent daraufhin prüfen, ob diese das Limit überschreiten. Allein die SNB hat in ihrem Portfolio über 300 Unternehmen ausgemacht, die aktuell davon betroffen sind. Bereits für die Nationalbank wäre der Kontrollaufwand beträchtlich, für viele kleinere Pensionskassen ist er hingegen kaum zu bewältigen. Denn es gibt keine Listen, die ihnen aufzeigen, in welche Aktien oder Aktienfonds sie noch legal investieren dürfen. 

Hat diese Initiative etwas mit den neuen Kampfjets zu tun?

Dies ist eine gute Frage, auf den ersten Blick nicht. Sieht man aber genauer hin, so merkt man, es hat tatsachlich etwas damit zu tun, wenn auch nur indirekt. 

Genau wie jedes Waffensystem muss auch ein Kampfflugzeug vom jemandem oder von etwas (Roboter, KI) geplant, programmiert und zusammengebaut werden. Damit dies geschehen kann, müssen die vier Produktionsfaktoren vorhanden sein. Dies sind: Arbeit, Kapital, Boden und Wissen/technischer Fortschritt. Mit dieser Initiative wird dem Unternehmen nun der Produktionsfaktor Kapital teilweise entzogen. Dies ist ungünstig, da die Sicherheit der Schweiz massgeblich durch unsere Luftverteidigung gewährleistet wird. Fakt ist aber, das VBS darf die Kampfflugzeuge weiterhin beschaffen. Zudem investieren andere Staaten wie Russland, die USA oder China weiterhin Milliarden in die Rüstungsindustrie. Ein Ja zum Verbot Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten führt deshalb, zum Glück, nicht zu einem Nein bei den Kampfflugzeugen. 

Wer empfiehlt ein Nein?

Neben meiner Wenigkeit stellen sich auch zahlreiche Parteien und Verbände gegen die Initiative. Es folgt eine Auflistung: 

  • Bundesrat
  • Nationalrat
  • Ständerat
  • SVP 
  • JSVP
  • FDP
  • JF
  • GLP
  • CVP
  • JCVP
  • EDU
  • BDP
  • JBDP
  • Economiesuisse
  • Swissmem
  • Schweizerischer Arbeitgeberverband
  • Swissmechanics
  • Schweizerischer Pensionskassenverband
  • Schweizerischer Versicherungsverband
  • SwissBanking
  • Schweizerischer Gewerbeverband
  • Schweizerischer Verband für Seniorenfragen
  • Kantonale Industrie- und Handelskammern sowie kantonale Gewerbeverbände

Weiterführende Informationen / Quellen

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