Abstimmungen vom 29.11.2020

Um eine bessere Übersicht zu gewährleisten, werden von nun an alle Abstimmungsvorlagen in einem einheitlichen und kompakten Design präsentiert.

Volksinitiative vom 10. Oktober 2016

«Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt»

Die Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» wurde mit 50.3% JA-Stimmen von der Stimmbevölkerung angenommen, aber von den Kantonen abgelehnt. Die Konzernverantwortungsinitiative ist somit in der Geschichte des Schweizer Bundesstaats erst die zweite Volksinitiative, die aufgrund des Ständemehrs abgelehnt wurde

Die Volksinitiative "Für verantwortungsvolle Unternehmen" verlangt, dass Unternehmen mit Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in der Schweiz verpflichtet werden, regelmässig eine Sorgfaltsprüfung zu den Auswirkungen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt durchzuführen. Über das Ergebnis dieser Prüfung sollen sie Bericht erstatten. Verletzt ein Schweizer Unternehmen Menschenrechte oder Umweltstandards, so soll es für den Schaden aufkommen, auch wenn dieser durch eine Tochtergesellschaft im Ausland verursacht worden ist. Schweizer Unternehmen würden damit also auch für Tätigkeiten von Unternehmen haften, die sie wirtschaftlich kontrollieren, ohne direkt am operativen Geschäft beteiligt zu sein.

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Um was geht es?

Die eidgenössische Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» (verkürzt auch Konzernverantwortungsinitiative, KOVI oder KVI genannt fordert, dass Konzerne mit Sitz in der Schweiz die Menschenrechte und internationale Umweltstandards auch ausserhalb der Schweiz zu respektieren haben. Dazu sollen Konzerne für Menschenrechtsverletzungen und die Missachtung verbindlicher Umweltstandards haftbar gemacht werden; unabhängig davon, wo die entsprechenden Handlungen vonstatten gingen.




Argumente der Befürworter

  • Die meisten Konzerne halten sich an die Regeln. Einige skrupellose Konzerne setzen sich jedoch über Umweltstandards hinweg und ignorieren Menschenrechte. So verschaffen sie sich Konkurrenzvorteile durch Verantwortungslosigkeit.
  • Damit sich auch dubiose Multis an das neue Gesetz halten, müssen Verstösse Konsequenzen haben. Konzerne sollen deshalb in Zukunft für Menschenrechtsverletzungen haften, die sie verursachen.
  • Die Manager grosser Konzerne wissen genau, wo ihre Geschäfte mit den Menschenrechten im Konflikt stehen. Doch manche von ihnen gewichten den Profit höher als den Schutz von Mensch und Umwelt.
  • Immer wieder verletzen Konzerne mit Sitz in der Schweiz die Menschenrechte und ignorieren minimale Umweltstandards. Die Initiative fordert eine Selbstverständlichkeit: Wenn Konzerne auf Kinderarbeit setzen oder Flüsse verschmutzen, sollen sie dafür geradestehen.



Argumente der Gegner

  • Das Parlament hat eine bessere Alternative erarbeitet. Der Gegenvorschlag folgt der internationalen Entwicklung und schafft mehr Verbindlichkeit für die Unternehmen. Im Gegensatz zur Initiative, führt er aber zu keiner schädlichen Schweizer Sonderregelung. Wird die Initiative abgelehnt, tritt der Gegenvorschlag automatisch in Kraft.
  • Extraterritoriale Anwendung von Schweizer Recht würde die Rahmenordnung der international verflochtenen Schweizer Wirtschaft zusehends unterlaufen. Globale Wertschöpfungsketten basieren darauf, dass beim Austausch von Gütern und Dienstleistungen das Rechtssystem des Handelspartners prinzipiell akzeptiert wird.
  • Damit zeigt sich eine Überheblichkeit der Initiativen ganz nach dem Motto: Ausland, Du kannst mit der Schweiz zukünftig nur noch geschäften, wenn Du auch vollumfänglich Schweizer Recht befolgst.
  • Es entsteht als quasi eine "imperialistische Rechtsordnung". Ein solches Verhalten ist extrem überheblich und gefährdet den guten Ruf der neutralen Schweiz.
  • Die Initiative führt in eine Sackgasse, da sie komplexe kulturelle und wirtschaftliche Fragen in Entwicklungsländern auf rein formalistische und juristische Fragen reduziert. Diese einseitige Verrechtlichung erschwert eine partnerschaftliche Kooperation von Unternehmen, Staaten und NGOs, die präventiv wirkt und nach Lösungen sucht. Denn drohen Klagen, so enden Transparenz und Dialog, weil das gegenseitige Misstrauen wächst.
  • Die Initiative will unser Rechtssystem auf den Kopf stellen und eine rechtsstaatlich fragwürdige Beweislastumkehr einführen, wie sie kein anderes Land kennt. Mit dieser Systemänderung sind Schweizer Unternehmen zusätzlich auch verantwortlich für das Handeln von rechtlich eigenständigen Lieferanten. Sie haften, sogar ohne eigenes Verschulden, für «wirtschaftlich kontrollierte» Lieferanten, sofern sie nicht beweisen können, dass sie ihre Lieferanten lückenlos überwachen.
  • Heute tragen Schweizer Unternehmen beispielsweise unsere Lehrlingsausbildung in die ganze Welt. Dieses Engagement steht auf dem Spiel. Denn durch die neuen, unberechenbaren Haftungsrisiken sind Schweizer Unternehmen gezwungen, sich aus Entwicklungsländern zurückzuziehen und sich auch von lokalen Produzenten (Bauern, Gewerbe) zu trennen, da diese die hohen schweizerischen Standards kaum je erreichen.



Parolen


SP: JA
Grüne: JA
Piratenpartei: -
Grünliberale: JA
EVP: JA
CVP: NEIN
BDP: JA
FDP: NEIN
SVP: NEIN
EDU: JA
 
Initiativtext

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 101a Verantwortung von Unternehmen

1 Der Bund trifft Massnahmen zur Stärkung der Respektierung der Menschenrechte und der Umwelt durch die Wirtschaft.

2 Das Gesetz regelt die Pflichten der Unternehmen mit satzungsmässigem Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in der Schweiz nach folgenden Grundsätzen:

a. Die Unternehmen haben auch im Ausland die international anerkannten Menschenrechte sowie die internationalen Umweltstandards zu respektieren; sie haben dafür zu sorgen, dass die international anerkannten Menschenrechte und die internationalen Umweltstandards auch von den durch sie kontrollierten Unternehmen respektiert werden; ob ein Unternehmen ein anderes kontrolliert, bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen; eine Kontrolle kann faktisch auch durch wirtschaftliche Machtausübung erfolgen;

b. Die Unternehmen sind zu einer angemessenen Sorgfaltsprüfung verpflichtet; sie sind namentlich verpflichtet, die tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen auf die international anerkannten Menschenrechte und die Umwelt zu ermitteln, geeignete Massnahmen zur Verhütung von Verletzungen international anerkannter Menschenrechte und internationaler Umweltstandards zu ergreifen, bestehende Verletzungen zu beenden und Rechenschaft über ergriffene Massnahmen abzulegen; diese Pflichten gelten in Bezug auf kontrollierte Unternehmen sowie auf sämtliche Geschäftsbeziehungen; der Umfang dieser Sorgfaltsprüfungen ist abhängig von den Risiken in den Bereichen Menschenrechte und Umwelt; bei der Regelung der Sorgfaltsprüfungspflicht nimmt der Gesetzgeber Rücksicht auf die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen, die geringe derartige Risiken aufweisen;

c. Die Unternehmen haften auch für den Schaden, den durch sie kontrollierte Unternehmen aufgrund der Verletzung von international anerkannten Menschenrechten oder internationalen Umweltstandards in Ausübung ihrer geschäftlichen Verrichtung verursacht haben; sie haften dann nicht nach dieser Bestimmung, wenn sie beweisen, dass sie alle gebotene Sorgfalt gemäss Buchstabe b angewendet haben, um den Schaden zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre;

d. Die gestützt auf die Grundsätze nach den Buchstaben a–c erlassenen Bestimmungen gelten unabhängig vom durch das internationale Privatrecht bezeichneten Recht.

1 SR 101[7]

 

Volksinitiative vom 21. Juni 2018

«Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten»

Die Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» wurde mit 57.45% NEIN-Stimmen von der Stimmbevölkerung abgelehnt.

Die Volksinitiative will die Finanzierung von Kriegsmaterialherstellern weltweit verbieten. Deshalb sieht sie vor, dass der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den Stiftungen sowie den Einrichtungen der staatlichen und beruflichen Vorsorge die Finanzierung von Unternehmen untersagt wird, die mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erwirtschaften. Ausserdem soll sich der Bund auf nationaler und internationaler Ebene dafür einsetzen, dass für Banken und Versicherungen gleiche Bedingungen gelten.

 

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Um was geht es?

Hinter der Initiative stehen die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) und die Jungen Grünen. Sie verlangen, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB), Stiftungen sowie Einrichtungen der staatlichen und beruflichen Vorsorge Unternehmen nicht mehr finanzieren dürfen, die mehr als fünf Prozent ihres jährlichen Umsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen.




Argumente der Befürworter

  • Seit dem 2. Weltkrieg waren nie so viele Menschen auf der Flucht wie heute. Der Grossteil der Menschen flüchtet vor aktuellen Kriegen oder den Folgen vergangener Konflikte. Die Rüstungsindustrie profitiert von diesen Konflikten und heizt sie mit ihren Waffenlieferungen zusätzlich an. Die Initiative bekämpft Fluchtursachen, indem sie für weniger Waffen in Kriegsgebieten sorgt.
  • Die Schweiz als grosser und wichtiger Finanzplatz spielt eine entscheidende Rolle: Schweizer Finanzinstitute wie die Nationalbank oder die Grossbanken investieren jährlich Milliarden in dieses Geschäft.
  • Die Schweiz hat den Anspruch, neutral zu sein. Wenn aber Milliarden von Schweizer Franken in Kriege und Konflikte fliessen, widerspricht dies der schweizerischen Neutralität. Die Schweiz ist kein Land, das sich militärisch einmischt. Mit der Initiative wird dafür gesorgt, dass auch die Finanzierung von militärischer Einmischung und Interventionspolitik verboten wird.
  • Heute entscheidet die Schweizerische Nationalbank (SNB) allein, wo und wie sie unser Volksvermögen investieren will. Auch bei vielen Pensionskassen entscheiden einige wenige AnlageberaterInnen, wie unsere Renten investiert werden. Mit der Kriegsgeschäfte-Initiative können wir verhindern, dass unser Geld in Rüstungskonzerne fliesst. Die Initiative führt nicht nur zu mehr Mitsprache, über unser Geld, sie zwingt den Finanzplatz auch zu mehr Transparenz.



Argumente der Gegner

  • Wirkungslos. Das globale Angebot von Rüstungsgütern sowie deren globale Nachfrage blieben nach einer Annahme der Initiative unverändert. Ein Ja würde nicht zu einer friedlicheren Welt oder zu weniger Fluchtursachen führen.
  • Die Umsetzung der Initiative ist mit negativen wirtschaftlichen Konsequenzen insbesondere für die Nationalbank, Stiftungen und die Schweizer Vorsorgewerke verbunden. Je nach konkreter Ausgestaltung des Verbots wären auch die Schweizer Finanzbranche und die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie betroffen
  • Unternehmen, welche mehr als fünf Prozent ihres jährlichen Umsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen, gelten bereits als "Kriegsmaterialproduzenten". Dieser Prozentsatz müsste deutlich höher sein.
  • Die Versorgungssicherheit der Armee würde geschwächt, da die Abhängigkeit von Waffenherstellern aus dem Ausland steigen würde.
  • Waffen können nicht nur zum Angriff, sondern auch zur Verteidigung benutzt werden.
  • Die Unabhängigkeit der Schweizerischen Nationalbank würde teilweise untergraben werden.



Parolen


SP: JA
Grüne: JA
Piratenpartei: -
Grünliberale:NEIN
EVP: JA
CVP: NEIN
BDP: NEIN
FDP: NEIN
SVP: NEIN
EDU: NEIN
 
Initiativtext

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert:

Art. 107a Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten

1 Der Schweizerischen Nationalbank, Stiftungen sowie Einrichtungen der staatlichen und beruflichen Vorsorge ist die Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten untersagt.

2 Als Kriegsmaterialproduzenten gelten Unternehmen, die mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen. Davon ausgenommen sind Geräte zur humanitären Entminung sowie Jagd- und Sportwaffen und deren zugehörige Munition.

3 Als Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten gelten:

a. die Gewährung von Krediten, Darlehen und Schenkungen oder vergleichbaren finanziellen Vorteilen an Kriegsmaterialproduzenten;

b. die Beteiligung an Kriegsmaterialproduzenten und der Erwerb von Wertschriften, die durch Kriegsmaterialproduzenten ausgegeben werden;

c. der Erwerb von Anteilen an Finanzprodukten, wie kollektiven Kapitalanlagen oder strukturierten Produkten, wenn diese Finanzprodukte Anlageprodukte im Sinne von Buchstabe b enthalten.

4 Der Bund setzt sich auf nationaler und internationaler Ebene dafür ein, dass für Banken und Versicherungen entsprechende Bedingungen gelten.

Art. 197 Ziff. 122

12. Übergangsbestimmung zu Art. 107a (Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten)

1 Treten innerhalb von vier Jahren nach Annahme von Artikel 107a durch Volk und Stände die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen nicht in Kraft, so erlässt der Bundesrat die nötigen Ausführungsbestimmungen auf dem Verordnungsweg; diese gelten bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen.

2 Nach Annahme von Artikel 107a durch Volk und Stände dürfen keine neuen Finanzierungen gemäss Artikel 107a mehr getätigt werden. Bestehende Finanzierungen müssen innerhalb von vier Jahren abgestossen werden.

1 SR 101

2 Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmung wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt.

 

Was ist ein "Kriegsmaterialproduzent"?

Gemäss Initiativtext gelten Unternehmen, die mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erwirtschaften, als «Kriegsmaterialproduzenten». Betroffen sind damit weltweite Grossunternehmen wie die RUAG, Airbus und Boeing, aber auch mittelgrosse Firmen und KMU, welche als Zulieferbetriebe fungieren und Einzelteile und Baugruppen herstellen, die in Rüstungsgütern verbaut werden.

Als «Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten» gelten u.a. Darlehen und Kredite sowie generelle Beteiligungen an Kriegsmaterialherstellern z. B. durch den Erwerb von Aktien, Aktienfonds oder Derivaten. Damit müsste auch beim Kauf eines Aktienfonds oder börsengehandelter Derivate sichergestellt werden, dass keine Beteiligungen an Unternehmen enthalten sind, die mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erzielen.