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Sind Trump und Thunberg die einzigen WEF-Besucher?

Sind Trump und Thunberg die einzigen WEF-Besucher?

Hat das WEF eigentlich noch weitere Besucher als nur Donald Trump und Greta Thunberg? Wenn man der aktuellen Medienberichterstattung glaubt, dann sind die beiden tatsächlich die Einzigen. Zum Glück ist dem nicht so, hier erfahren Sie, wer sonst noch alles am WEF teilnimmt und warum das WEF dringend notwendig ist. 

Ist das WEF tatsächlich ein Elite-Treffen von ein paar Super-Reichen?

Das ist teilweise wahr, es ist aber die falsche Frage.

Bei den Partnern des WEFs handelt es sich um zahlreiche grosse, multinationale Unternehmen wie ABB, Nestlé, SwissRe, Siemens, Credit Suisse, PayPal, Novartis, Cisco oder Google. Die Partner bestimmen die Agenda des WEF mit und beteiligen sich an dessen Finanzierung: Jeder steuert jährlich 115'000 Franken bei. Insbesondere dass diese Grossunternehmen die Agende mitgestalten, führt natürlich dazu, dass das WEF vor allem im Interesse von Menschen handelt, welche erhöhte finanzielle Ressourcenverfügbarkeit vorweisen können.

Man muss sich jetzt aber schon fragen, ob dies überhaupt relevant ist. Schliesslich handelt es sich beim WEF um ein Wirtschaftsforum und nicht um eine demokratische Staatsgewalt, der Vorwurf der Plutokratie entfällt somit.

Des Weiteren gibt es am WEF auch zahlreiche weitere Redner, welche nicht für multinationale Unternehmen arbeiten. Neben den Politikern, nutzen auch Intellektuelle, NGOs, Aktivisten, Wissenschaftler und sogar Künstler diese Plattform. 

Themen und Redner am WEF 2020

Das Klima ist tatsächlich wohl das Hauptthema beim diesjährigen WEF. In verschiedenen Podiumsdiskussionen werden Plastikverschmutzung, der Umgang mit der Arktis, Massnahmen gegen den Klimawandel, die Zukunft der fossilen Brennstoffe und viele weitere Umweltthemen besprochen. 

Aber auch Künstliche Intelligenzen und die Auswirkungen der Digitalisierung auf Gesellschaft und Wirtschaft werden diskutiert.

Auch Dual-Use Technology (Technologien, welche zivil und militärisch eingesetzt werden können), LGBTIQ-Rechte, Frauenrechte, die wirtschaftliche Entwicklung im Nahen Osten, Chinas Marktöffnung und die Einführung von 5G sind ein Thema.

Waffenrechte in den USA.
Der Musiker will.i.am und die Aktivistin Naomi Wadler im Gespräch mit der britischen Moderatorin Tania Bryer. 

Zahlreiche Diskussionsrunden zum Umgang mit künstlichen Intelligenzen und deren Entwicklung. Hier mit der Schweizer Moderatorin Patrizia Laeri.

Yuval Noah Harari, Historiker, Philosoph und Besteller Autor.
Doris Leuthard, ehemalige Bundesrätin, Swiss Digital Initiative.

E. Glen Weyl, Ökonom und Gründer von RadicalxChange Foundation.

Peirre Habbard, Generalsekretär der Trade Union Advisory Committee von der OECD.

Die zu langsam wachsende Wirtschaft im Mittleren Osten.

Mohammad Ibrahim Shtayyeh, Premierminister der Palästinensischen Nationalbehörde.

Abdullah AlSwaha, Minister für Kommunikation und IT, Saudi-Arabien.

Rania A. Al-Mashat, Ministerin für internationale Zusammenarbeit, Ägypten.

Nadine Hani, Moderatorin, Libanon. 

Alain Bejjani, CEO Majid Al Futtaim Holding.

Majid Jafar, CEO Crescent Petroleum.

Die Rechte der LGBTIQ-Community. 

Ana Mari Cauce, Präsidentin, Universität von Washington.

Shamina Singh, Präsidentin, Mastercard Center for Inclusive Growth, Mastercard.

Wanuri Kahiu, Filmemacherin, AFROBUBBLEGUM.

Tonia Mastrobuoni, Moderatorin.

Xavier Bettel, Premierminister und Minister für Kommunikation, Medien und Digitalisierung, Luxemburg.

Geena Rocero, Gründerin, GenderProud.

Wie nützlich ist das WEF?

Das lässt sich nur schwer feststellen. Wenn man Statistiken anschaut, dann wird die Welt zwar immer besser, ob dies aber mit dem WEF direkt zusammenhängt, ist unklar. Fakt ist aber, dass das WEF eine wunderbare Dialogplattform ist, welche schon zahlreiche wichtige Treffen ermöglicht hat.

Ein historischer Handschlag zwischen Shimon Peres (Israel) und Yasser Arafat (Palästina) beim WEF 2001.
Ein historischer Handschlag zwischen Shimon Peres (Israel) und Yasser Arafat (Palästina) beim WEF 2001.

Immer in Erinnerung behalten sollten man zudem, dass vor allem (internationale) Politik hauptsächlich aus Dialog und Verhandlungen besteht. Nicht auf jedes Ereignis folgt sofort ein neues Gesetz, vor allem nicht auf internationaler Ebene. Die Entscheidungen liegen schlussendlich immer noch bei den einzelnen souveränen Staaten. 

Auch im Bereich Umweltschutz wurden in den letzten Jahrzehnten viele Fortschritte verzeichnet:

Wie viel das WEF zu den oben genannten Fortschritten beigetragen hat, ist sehr schwer zu sagen. 

Jedenfalls gibt es keine objektiven Indizien, dass das WEF der Welt mehr schadet als nützt. Dieser Vorwurf wird häufig von Seiten des linken Politik-Spektrums laut. Dazu gehören Aussagen wie zum Beispiel: "Das WEF will Probleme lösen, welche es selbst geschaffen hat" oder "die Armen sind arm, weil die Reichen die Armen ausbeuten". Diese Aussagen sind in meinen Augen grundfalsch. Gerade grössere Firmen haben ein Interesse an einer möglichst kaufkräftigen Bevölkerung. Weder Krieg, noch die Ausbeutung einzelner Gesellschaftsschichten bringt einem Grossunternehmen wirkliche Vorteile. Zwar ist es ein Vorteil, wenn in gewissen Ländern billige Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Doch langfristiger wirtschaftlicher Erfolg kann nur entstehen, wenn auch diese Arbeitnehmer in Zukunft konsumieren können. Eine solche Entwicklung lässt sich im Moment sehr gut in China beobachten. 

Weshalb dreht sich die Medienberichterstattung nur um Greta Thunberg und Donald Trump?

Die hohe Medienpräsenz von Trump und Thunberg liegt vor allem an deren Extrempositionen, welche relativ einfach zu verstehen sind.  Diese Extrempositionen zeichnen aber die „Realität“ nur schlecht ab. Die Forderungen nach weniger Konsum und griffigen Klimaschutzmassnahmen von Thunberg sind zwar vor allem in hochentwickelten Industriestaaten durchaus berechtigt. Diese Forderungen lassen sich aber nicht auf Afrika, Südamerika, Indien und China anwenden (das sind rund 4.4 Milliarden Menschen, also deutlich mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung), in diesen Weltregionen ist das Wirtschaftswachstum nach wie vor wichtiger als Klimaschutz. Das ist auch gut so! Es darf nicht sein, dass man aufgrund von Klimaschutzmassnahmen Menschen nicht aus der Armut befreien kann. Auch Trump repräsentiert sein Land nur teilweise. Egal wie umweltschädlich die Politik von Trump auch sein mag, Tesla wird weiterhin Elektroautos bauen. Ohne Tesla würden deutsche Autobauer wohl noch heute ausschliesslich Diesel- und Benzinmotoren verbauen. Auch Microsoft, ebenfalls ein US-Unternehmen, prescht vor im Bereich Umweltschutz. Spätestens zum Jahr 2030 wolle der Softwarekonzern der Atmosphäre mehr Kohlendioxid entziehen als man produziere, kündigte Microsoft-Chef Satya Nadella in Redmond an. Und bis zum Jahr 2050 wolle Microsoft all den Kohlenstoff aus der Umwelt entfernen, den das Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1975 entweder direkt oder durch den Stromverbrauch verursacht habe.

Sowohl Trump als auch Thunberg scheinen sich je vor allem auf ein Thema zu konzentrieren.
Trump = Wirtschaftswachstum und Protektionismus.

Thunberg = Weniger Konsum und Staatseingriffe in die Energieversorgung und Mobilität.

Für die Medien ist dies natürlich interessant, da sie die jeweilige Persönlichkeit einer Sache zuordnen können und so kontroverse Artikel schreiben können. Was wiederum mehr Leser anlockt. 

Nach wie vor wird zum Beispiel Indien nur gelegentlich in den Medien erwähnt. Dies, obwohl Indien mehr als 1.3 Milliarden Einwohner hat und das Wirtschaftswachstum seit Jahrzehnten zwischen 4% und 10% liegt. Am WEF wird diesem Wirtschaftspotential viel Raum eingeräumt, in den deutschsprachigen Medien ist Indien jedoch nur eine Randnotiz wert. Auch geostrategisch sollte Indien nicht unterschätzt werden, Indien verfügt über Atomwaffen und liegt geografisch in Reichweite sowohl von China als auch des Irans. Es wäre durchaus wünschenswert, wenn die Medienhäuser ein bisschen mehr über Ram Nath Kovind berichten würden. Sagen Sie mir jetzt bitte nicht, dass Sie den Namen googeln mussten, weil Sie nicht wussten, wer Ram Nath Kovind ist. 

Quellen

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