JA zur Service-Citoyen-Initiative
Heute werden Frauen in die Care-Arbeit gedrängt, für Männer ist es freiwillig. Männer werden heute zum Militärdienst verpflichtet, für Frauen ist es freiwillig. Dieser Zustand verfestigt die patriarchalen Rollenbilder unserer Gesellschaft, die auch heute dazu führen, dass Frauen finanziell von ihrem Mann abhängig sind und ein höheres Risiko für Altersarmut haben. Der Service Citoyen bricht das auf.
Wenn ein Teenager mit der Volljährigkeit zum Mann wird, drängt unser Staat ihn zwangsläufig in die Rolle des «starken Mannes», der für die Sicherheit verantwortlich ist. Frauen dürfen zwar mitmachen, wenn sie wollen – verantwortlich sind sie jedoch nicht. Dasselbe Spiel, nur umgekehrt, wenn es um unbezahlte Care-Arbeit geht: Sobald eine Frau schwanger wird, drängt der Staat sie in die Rolle der «fürsorglichen Erzieherin». Nur die Mutter erhält ausreichend Elternschaftsurlaub, unser Steuersystem bestraft ein Paar, bei dem beide erwerbstätig sind, finanziell, und Kinderbetreuung ist kaum bezahlbar. Männer dürfen zwar mithelfen, wenn sie wollen – verantwortlich sind sie nicht. Am Schluss verlieren die Frauen, denn ihre Arbeit ist unbezahlt, unsichtbar und einflusslos. Der Militärdienst der Männer hingegen wird bezahlt, ist anerkannt und mit grossen Vorteilen auf dem Arbeitsmarkt verbunden. Der Service Citoyen bricht diese traditionellen Rollenbilder auf. Zusammen mit der Familienzeitinitiative, der Individualbesteuerung und der Kitafinanzierung ist der Service Citoyen der Schlüssel zur echten Gleichberechtigung.
Der patriarchale Gesellschafts-Deal geht für Frauen nicht auf
Der aktuelle, patriarchale Gesellschaftsdeal geht für die Mehrheit, egal welches Geschlecht, nicht auf: ALLE werden, auf traditionelle Rollen reduziert. Männer sind nicht wirklich frei, fürsorgliche Väter und Hausmänner zu werden, Frauen, die eine Familie gründen wollen, sind nicht wirklich frei, eine Karriere anzustreben. Natürlich gibt es die Männer und Frauen, die sich in diesen Rollenbildern wohlfühlen, und das soll weiterhin erlaubt sein. Das Problem liegt darin, dass jedes Individuum heute in diese zwei Schubladen gezwängt wird. Alle Frauen werden dadurch systematisch unterdrückt, weil sie finanziell von einem Mann abhängig sind, aber auch nicht selbst für ihre Altersvorsorge sparen können – was sich darin widerspiegelt, dass Frauen im Alter weniger Rente erhalten und stärker von Altersarmut betroffen sind. Besonders frech ist meiner Meinung nach, dass einige Monate Führungserfahrung im Militär in der Arbeitswelt höher angesehen sind als die ganze Führungs- und Koordinationserfahrung, die eine Mutter, welche für das Wohlergehen ihrer Kinder zuständig ist, mitbringt. Letzteres ist eine Selbstverständlichkeit. Die Service-Citoyen Initiative bricht diese Rollen auf und öffnet die Arbeitserfahrungen und das Netzwerk, die man durch einen Bürger:innendienst sammelt, auch für Frauen.
Der Service Citoyen stärkt junge Frauen für ihren Werdegang
Muttersein wird von Arbeitgebern abgestraft – aber die Wehrdienst- und Zivildiensterfahrung lässt sich bei Männern im CV unter «Arbeitserfahrung» wiederfinden. Frauen bleibt diese Möglichkeit verwehrt. Zum Beispiel könnte eine gelernte Fachfrau Gesundheit aus der Deutschschweiz, vom Staat finanziert, Arbeitserfahrungen in der Romandie sammeln und Weiterbildungen absolvieren – und zwar sowohl zivil als auch im Militär. Sie verlässt den Service Citoyen mit aufgefrischten Französischkenntnissen, Arbeits- und potenzieller Führungserfahrung für den Arbeitsmarkt. Das Militär ist einer der wenigen Orte, wo junge Menschen anerkannte Führungserfahrung für die Arbeitswelt sammeln können. Heute ist der Anfang-20-jährige Mann, der als Unteroffizier weitergemacht hat, in den Augen vieler Arbeitgeber besser für Beförderungen geeignet als die Anfang-20-jährige Frau mit sonst denselben Voraussetzungen. Der Service Citoyen mag auf den ersten Blick nach einer Schlechterstellung für Frauen klingen, aber wer wirklich denkt, dass ein vom Patriarchat geschaffener Boys-Club diesen Dienst, für den die Männer sich aufopfern müssen, nicht deutlich mit Vorteilen, Netzwerk und Einfluss aufgesüsst hat, der ist naiv. Logisch haben sie Frauen ausgeschlossen!
Sicherheit ist auch Frauensache!
Der Service Citoyen basiert auf einem breiten, modernen und feministischen Sicherheitsverständnis. Systemrelevante Strukturen, wie das Gesundheitswesen und der Umweltschutz werden auch als Teil des Sicherheitsauftrags verstanden. Heute sind es mehrheitlich Frauen, die, zum Beispiel als Pflegende, an der Front dieser sicherheitsrelevanten Strukturen arbeiten, aber ihre Arbeit wird in ihrer Wichtigkeit nicht anerkannt. Der Service Citoyen will einen Dienst für die Allgemeinheit und Umwelt – statt nur den Militär- und Ersatzdienst. Die Initiative denkt das Dienstmodell um und schützt die Schweiz nicht nur vor einem Angriffskrieg, sondern auch vor Pandemien und den zunehmenden Überschwemmungen und Erdrutschen aufgrund des Klimawandels. Auch die Landesverteidigung soll modernisiert werden: Heute ist ein:e ausgebildete:r Informatiker:in mit Asthma untauglich – mit der Initiative sollen die individuellen Fähigkeiten der Einzelnen besser genutzt werden, sodass diese Person dann ihren Dienst für die Cyberabwehr leisten kann.
Dass eine konservative, männerdominierte Armee sich vor so einem Sicherheitsverständnis sträubt, sagen die Gegner der Initiative offen. Laut dem Blick sagt die Schweizer Offiziersgesellschaft zur Initiative: «Bei der Dienstpflicht müsse die Sicherheit im Fokus stehen – nicht Waldpflege oder Betreuung» und verneint damit klar ein breites Sicherheitsverständnis und den Dienst für die Sicherheit, den Pflegende leisten. Solange das Militär von 98 % Männern dominiert wird, entscheiden Männer, was «Sicherheit» heisst. Die Anliegen und Perspektiven der Frauen werden systematisch unterdrückt. Kann das noch in einer Demokratie zeitgemäss sein, dass Frauen nicht bei Sicherheit mitreden können, obwohl sie von Bedrohungen ebenso betroffen sind?
Ohne Initiative wartet man vergebens auf Gleichbehandlung von Frauen und Männer
Selbst unter der ersten (und bis jetzt letzten) Frau im VBS, Viola Amherd, wurde nichts mehr für die Inkludierung von Frauen gemacht als die Einführung eines obligatorischen Informationstags für Frauen. Die Linken blockieren Fortschritt, aus einer Totalablehnung zum Thema Armee, und die konservativen Kräfte sagen es nicht laut, aber sie wollen für Frauen keinen Platz im Boys-Club Armee schaffen. Wenn die Service-Citoyen-Initiative abgelehnt wird, bleibt das aktuelle System bestehen: Männer für die Sicherheit, Frauen für die unbezahlte Care-Arbeit.
Die Chance auf Gleichberechtigung ist jetzt oder nie. Mit einem Ja zur Service Citoyen sagt die Schweiz Ja zu Gleichberechtigung UND einem breiten Sicherheitsverständnis, welches Frauen mitdenkt!

Kommentar schreiben