Einsamkeit und soziale Isolation
Was ist Einsamkeit – und wie unterscheidet sie sich von sozialer Isolation?
Einsamkeit ist ein subjektives Gefühl – das Empfinden, nicht ausreichend soziale Bindungen zu haben oder sich emotional nicht verbunden zu fühlen. Soziale Isolation hingegen beschreibt objektiv messbare Faktoren wie die Anzahl sozialer Kontakte oder die Teilnahme an gesellschaftlichen Aktivitäten.
Beide Phänomene können unabhängig voneinander auftreten, aber auch gemeinsam wirken. Besonders gefährlich wird es, wenn Einsamkeit chronisch wird – dann steigt das Risiko für psychische und physische Erkrankungen deutlich.
Altersgruppen im Fokus: Wer ist besonders betroffen?
Jugendliche und junge Erwachsene (15–35 Jahre)
- Laut der Schweizer Gesundheitsbefragung 2022 fühlen sich 48,2 % der 15–24-Jährigen gelegentlich oder häufig einsam.
- Besonders betroffen sind junge Frauen: Laut CSS-Gesundheitsstudie 2024 bezeichnen fast 40 % ihre psychische Verfassung als mittelmässig oder schlecht. Gefühle von Einsamkeit, Zukunftsängste und Leistungsdruck sind zentrale Belastungsfaktoren.
- Die HBSC-Studie zeigt, dass sich die psychische Gesundheit junger Frauen seit 2018 deutlich verschlechtert hat – Einsamkeit ist dabei ein zentraler Faktor.
Erwachsene mittleren Alters (35–64 Jahre)
- Diese Gruppe wird oft übersehen, obwohl auch hier Einsamkeit vorkommt – etwa durch Trennungen, berufliche Belastungen oder das „Empty-Nest“-Syndrom.
- Frauen in dieser Lebensphase berichten häufiger von emotionaler Einsamkeit, während Männer eher soziale Isolation erleben.
Seniorinnen und Senioren (65+ Jahre)
- 24 % der 65–74-Jährigen und 25 % der 75–84-Jährigen geben an, sich einsam zu fühlen. [90'000 Bet...eiz einsam]
- Besonders betroffen sind hochaltrige Frauen über 85 Jahre: Rund 90'000 Personen (37 % dieser Altersgruppe) leiden unter Einsamkeit.
- Gründe sind u. a. der Verlust nahestehender Personen, eingeschränkte Mobilität und gesundheitliche Beschwerden.
- Frauen leben im Alter häufiger allein und sind daher besonders gefährdet, sozial zu vereinsamen.
Die „Male Loneliness Epidemic“ – ein digitaler Weckruf
Der Begriff „Male Loneliness Epidemic“ beschreibt die zunehmende emotionale Isolation unter Männern. Er wurde vor allem auf TikTok und anderen sozialen Medien populär.
Hintergründe:
- Männer haben seltener enge, emotionale Freundschaften.
- Gesellschaftliche Normen fördern emotionale Zurückhaltung.
- Männer suchen seltener Hilfe bei psychischen Problemen.
- Das Suizidrisiko ist bei Männern deutlich höher – in der Schweiz nahmen sich 2023 rund 700 Männer das Leben, im Vergleich zu etwa 200 Frauen.
Diese Epidemie ist real – aber sie darf nicht den Blick auf andere Gruppen verstellen. Einsamkeit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.
Gesundheitliche Folgen von Einsamkeit
Einsamkeit ist nicht nur ein emotionales Problem – sie wirkt sich direkt auf die Gesundheit aus:
- Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Depressionen, Demenz und sogar vorzeitigen Tod.
- Die Krankheitslast ist vergleichbar mit dem Konsum von 15 Zigaretten pro Tag.
- Besonders ältere Frauen leiden unter Bluthochdruck, Depressionen und verminderter Mobilität infolge von Einsamkeit.
- Zudem kann Einsamkeit der Nährboden sein für politischen Extremismus und Gewalt.

Anderen Personen nahe zu sein, das Leben miteinander zu teilen und gute Beziehungen zu führen. Das ist für alle Menschen ein wichtiges Grundbedürfnis. Isolation und Einsamkeit bedeuten folglich Stress, der ernst zu nehmende gesundheitliche Folgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen und Depressionen mit sich bringen kann.
Was können wir als Gesellschaft tun?
• Tabus brechen: Über Einsamkeit sprechen – in allen Altersgruppen.
• Emotionale Bildung fördern: Schon in der Schule über Gefühle und Beziehungen sprechen.
• Räume für Begegnung schaffen: Vereine, Nachbarschaftsprojekte, digitale Plattformen.
• Frauen und Männer gezielt unterstützen: Geschlechterspezifische Angebote schaffen.
• Pflege und Betreuung stärken: Besonders für hochaltrige Frauen, die oft allein leben.
Was tut die Schweiz gegen Einsamkeit?
Initiative „connect! – gemeinsam weniger einsam“
Ein schweizweites Programm mit Fokus auf ältere Menschen. Es bietet Schulungen, Materialien und Vernetzungsmöglichkeiten für Gemeinden und Organisationen. [Einsamkeit...- eine ...]
„Mal reden“ – Telefonangebot gegen Einsamkeit
Ein niederschwelliges Gesprächsangebot für Menschen, die sich austauschen möchten – anonym und vertraulich.
Kantonale und lokale Projekte
Beispiel Basel-Stadt: Pilotprojekt gegen Einsamkeit bei jungen Erwachsenen (2025–2028).
Fazit

Einsamkeit ist kein Randphänomen – sie betrifft Millionen Menschen. Die „Male Loneliness Epidemic“ hat wichtige Diskussionen angestossen, doch der Blick muss breiter werden. Junge Frauen, ältere Frauen, ältere Männer, Migrantinnen und Migranten – sie alle erleben Einsamkeit auf unterschiedliche Weise. Es braucht eine gesamtgesellschaftliche Antwort, die Vielfalt anerkennt und gezielt unterstützt. Diese Antwort sollten wir aber nicht vom Staat erwarten, sondern sie liegt auch in der Verantwortung jedes Einzelnen.
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